Freitag, 2. März 2012

Am Ziel - Iruya

Das Erlebnis im Fluss war einfach geil! Ein bisschen beängstigend schon, aber trotzdem ein tolles Abenteuer.

Im Ort angekommen waren wir überrascht, dass er doch realtiv groß ist. José hatte mit einem Hostal gerechnet, es gibt dort aber sicher an die 20. Als erstes natürlich die Suche nach Pablo, seinem Bruder. Ab in die Tourist information und natürlich kannte man ihn. Seine Telefonnummer wurde gesucht und gefunden, uns eine Pension vorgeschlagen und überhaupt wurden wir mal wieder sehr nett empfangen. Leider schlechte Nachrichten: er war angeblich in Humahuaca unterwegs. Args! Das gibt es wohl gar nicht. Nachdem wir  uns in der wirklich schönen Unterkunft kurz eingerichtet hatten rief José Pablo an, der deutlich überrascht war, dass wir schon in Iruya sind. Zum Glück stellte es sich heraus, daß die Information falsch war, er war doch in Iruya und kam uns an der Tourist Information abholen. In der Zwischenzeit war ein Wolkenbruch losgebrochen, mit Blitzen, Donner und den unvermeidlichen Wassermassen, die die steilen Gassen von Iruya schnell in Bächen verwandelten. Wir gingen erst in ein Comedor, uns ordentlich zu stärken, während draußen die Welt unterging. 
Tamales, eine Spezialität aus Mais und Hackfleisch, in der Maisschale eingewickelt



Wie sollten wir je wieder nach Hause kommen? Die Wellen des Flusses waren deutlich bis in den Ort zu hören...  Pablo beruhigte (er spricht übringes super Deutsch!) , das Wasser würde sehr schnell abfließen und sogar die Straßen trocknen innerhalb kurzer Zeit. Genauso kam es dann auch. 


Iruya ist ein Bergort mit 1.500 Einwohnern. Die Straßen sind irre steil und mit dicken Natursteinen gepflastert. Erst glaubt man kaum, dass man hier mit dem Auto fahren kann. Tatsächlich sind auch einige Straßen so steil, dass Stufen eingebaut sind, hier wäre das Fahren sicher fatal :).  Die Häuschen stehen dicht an dicht und in jedem 3. ist ein kleines Gasthaus, ein winziges Geschäft oder ein Hostal untergebracht. In der Reisezeit gibt es hier jede Menge Touristen, die allerdings im Allgemeinen mit dem Bus anreisen!! Auch jetzt waren noch viele junge Backpacker unterwegs. Was ich hier beschreibe ist die Ortsmitte. Iruya weitet sich über den Fluss aus.  Wir haben einen gut einstündigen  Gang zum Fluss runter gemacht und sind dort durch den quasi 2. Teil des Ortes gekommen. Hier sieht es ganz anders aus, die Häuser sind ärmlich, es gibt viele Gärten, Gemüsebeete und einfach nur Landschaft.




Die Landschaft ist unglaublich. Iruya liegt im Tal eines Flusses, der sich über die Zeit ein tiefes Tal zwischen riesigen Bergen gegraben hat. Das Tal ist breit und voller Geröll, und der Fluß fließt als mehrere Rinnsale dazwischen; in Regenzeiten führt er viel mehr Wasser, aber er wird wohl nie das gesamte Flußbett füllen. Hier kann man der Erosion förmlich zusehen, wie sie tagtäglich die Landschaft neu formt. Rechts und links sind hohe Berge, einige von ihnen an die 5000 Meter, die ganze Landschaft ist gleichzeitig imposant und bedrohlich. Man fragt sich unwillkürlich, was die Menschen hierher treibt! 


Die Menschen.  Hier leben fast ausschließlich "Indianer". Also nicht wirklich, politisch korrekt heißt es "indigene Bevölkerung". Hach, tolles Wort! Ernsthaft, sie sehen wirklich sehr, sehr indianisch aus. Besonders die alten Frauen und auch Männer tragen die typisch bunten Kleider und die für die Gegend typischen Hüte. 

Auch sehr auffällig, Kinder werden viel getragen, die kleinen Babys noch in Decken gewickelt liegen Stunden in den Armen der Mütter. Was haben die für eine Rückenmuskulatur? Die größeren gerne auch mal in einem Tuch auf dem Rücken getragen. Viele Frauen haben extrem kurze O-Beine. Das wieder sehr auffällig bei der älteren Generation.  Sehr generationsübergreifend sind die schlechten Zähne! Es ist unglaublich, aber wir haben kaum Menschen über ca. 30 Jahren gesehen, die noch alle Zähne hatten. Wobei sie nicht gammelig gelb aussehen, sie sahen eigentlich immer sehr gepflegt aus, nur fehlten immer welche. Meine Vermutung, die Kokablätter sind schuld. Sie werden exzessiv gekaut. José findet diese Erklärung zu einfach, Pablo meinte es liegt am Zucker und weißem Mehl. Mhmm, ich weiß es nicht. Als Zahnarzt hat man hier sicher einen guten Job! 
Der Blick auf einen Garten vom steilen Aufsichtspunkt aus


Die Atmung war hier einigermaßen erträglich, aber sobald man sich bewegt hat, hat man die Höhe deutlich gespürt. Dummerweise kann man nicht einfach so gehen, weil alles so steil ist, daß schon kleinere Entfernungen zu einer Bergwanderung werden! Sehr oft kamen wir außer Atem. Da José ohnehin vorbelastet ist (vor zwei Jahren ist er gar nicht erst hochgekommen, sondern mußte sich von Pablo in Humahuaca besuchen lassen statt umgekehrt), war für uns schnell klar, daß wir keine ausgedehnte Bergwanderung machen konnten. Schon der kurze "Spaziergang" zu der Einmündung eines weiteren Flusses war anstrengend genug, und die Sonne, die wieder im schönsten blauen Himmel erstrahlte, zerstreute die letzten Zweifel. An Laufen war erst gar nicht zu denken! Auch nicht an eine ausgedehne Wanderung mit Pablo, der hier als eine Art Bergführer arbeitet. 
So haben wir den Tag mit dem schönen Wetter einfach genossen, sind ein bisschen im Ort spaziert, haben den Aussichtspunkt besucht und den Blick auf den Ort genossen. Bei dieser Erkundung sahen wir eine vollbepackten Esel und zwei beladene Pferde und uns wurde erzählt, dass es einige Orte um Iruya herum gibt, die einen 12 Stunden Fußmarsch auf sich nehmen müssen um hier einzukaufen. Es geht nur mit Pferd und Esel, kein Auto erreicht sie. Krass! Frau Drücker las in der Weihnachtszeit eine Geschichte vor, die um 1940 spielte, dort musst ein Junge zur Weihachtszeit in in den Ort wandern um einzukaufen. Wer hätte gedacht, dass es das hier tatsächlich noch gibt! Ach ja, in der Tat waren es auch hier junge Burschen um die 13 mit Begeleitung eines Erwachsenen.

Am Nachmittag sind wir noch zu dem höchsten Punkt des Ortes gegangen. Ein Kreuz zeigt ihn sehr deutlich. 

Der Aussichtspunkt

Beim "Aufstieg" kamen wir an einer Art Stadion vorbei. Ein Sportfeld an dessen Rad es sogar Sitzplaetze gabe. Eine nette Idee, aber irgendwie scheint sie nie wirklich vollendet worden zu sein. Eigentlich sah es noch nach Baustelle aus, aber die Bereiche, die schon fertig waren, fingen schon wieder an auseinanderzufallen. Etwas, das mir hier an allen Ecken begegnet. Angefangen und mittendrin aufgehoert. 

So steht z.B. in Florida ein mehrstoeckiges Haus, das seit Jahrzehnten im Rohbau ist. Irgendwann hat man die oberen Stockwerke abgerissen, aber 6 oder 7 sind einfach stehen geblieben. Und nun? Ja, nun ist das so. Irgendwann wird es vielleicht mal zusammenbrechen, aber sonst passiert nichts. Unglaublich!
Die zwei Brüder
Carneval!  Im Norden wird zur Zeit immer noch gefeiert und das nicht zu knapp. Unterwegs erwischten wir den kleinen Umzug und wurden prompt mit einer Mischung aus Talkum und Konfetti beworfen! 
Klasse, jetzt rochen wir wie ein Babypopo! Die Stimmung ist ausgelassen und laut Pablo wird das ganze Jahr ueber sehr verhalten gelebt und nur zum Carneval ordentlich getrunken. Mhmm, wenn bei Wiki Iruya aufruft, dann erfährt man als erstes von den vielen Festen, die dort das Jahr über gefeiert werden. Dass sie also nur zum Carneval trinken, das kann ich nicht so recht glauben ;-)) 




Die richtige Party ging erst ab 23.oo Uhr los. Eigentlich wollten wir ein bisschen mitfeieren, aber da waren wir schon völlig k.o. und lagen in den Betten. Ich hatte sogar schon geschlafen, als ich von der Musik wach wurde. Geil, argentinische Schützenfestmusik. Mir haben die Beine angefangen zu zucken und ich wollte Paaaartyyy, José wollte aber jetzt unbedingt pennen, also bin ich echt noch einmal alleine raus. Aber da waren derart viele Menschen und Eintritt musste man auch bezahlen, da habe ich mich lieber für ein bisschen zappeln im Zimmer entschieden. Mein Mitbewohner war schwer begeistert ;-) 

Am nächsten Morgen. Wer lange feiert...

Iurya ist ein zauberhaftes Bergdorf, aber wenn man nicht wandern geht, dann ist es auch schon ziemlich schnell ausgereitzt dort zu bleiben. Auf Grund von Josés Herzgezicke war klar, grosse Anstrengungen sind nicht drin, also machten wir uns am naechsten Tag wieder auf. Eins ist klar, der Weg hierher hat sich aber auf jeden Fall gelohnt!!!


Ach, fast habe ich vergessen von den Condoren zu schreiben. Leider gibt es nicht mal ein Fotos. Wir haben mehrmals welche ueber uns kreisen sehen. Sehr klasse, wie sie sich im Wind treiben lassen. Pablo erzählte, dass sie hier den Menschen besonders nahe kommen und wann immer man einen grossen Vogel fliegen sieht, ist es auf jeden Fall ein Condor!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen