Samstag, 25. Februar 2012

Werden wir am Ziel ankommen? Der letzte Abschnitt von Jujuy bis Iruya

Heute sollte es der letzte Abschnitt der Reise werden. Aber wie würde es laufen? Würde José die Höhe aushalten können? Immerhin geht der Pass auf 4000m. Wir einigten uns darauf die kommenden Sehenswürdigkeiten auf dem Weg einfach liegen zu lassen und so lange es ihm gut geht einfach Strecke zu machen. Zunächst aber ein wenig von der Stadt gesehen und gefrühstückt. Sehr beeindruckend ein Markt, der von Fleischereien nur so wimmelte. Was die alles verkauften! Innereien, Schweineköpfe, Lamafleisch, Rinderfüße... nach einer Weile wurde mir fast schlecht und ich war dankbar dafür, daß wir die Markthalle verließen.









Wir waren schon in Deán Funes gewarnt worden, daß das Tanken hier im Norden eventuell problematisch sein würde. Wir hatten auch jede Gelegenheit genutzt, den Tank vollzumachen, auch wenn er noch nicht leer war. Aber erst hier machte sich das tatsächlich bemerkbar: alle Tankstellen hatten zu oder verkauften alles Mögliche, nur kein Benzin. Wir fragten uns durch und mußten einen ziemlichen Umweg machen, um eine offene Tankstelle zu finden. Die Autoschlange ging über 150 Meter, aber wir hatten keine Wahl, wenn wir Iruya erreichen wollten - dort würden wir bestimmt kein Bezin mehr bekommen.

Wir stehen Schlange für Benzin.


Von Jujuy ging es zur Zwischenstation nach Humahuaca (s. Route). Wieder der Wechsel der Landschaft. Erst grün und voller Bäume und Blumen, dann karg, ohne Bäume, dafür alles voller Kakteen. 




Die Nacht im Hotel war grottig und ich bin  tatsächlich irgendwann während der Fahrt eingeschlafen und erst kurz vor dem Halt wieder wieder aufgewacht. Wo waren wir hier gelandet? Alles braun, trocken und voller Touris!! Und die nicht nur aus Argentinien. Hier schien sich die halbe Welt zu treffen! Args, immer wieder ein Ding, wenn man glaubt man kommt in einsame Nester und dann das :) Von Entdecker kann bei mir echt keine Rede sein.  Hier gab es an jeder Ecke  Indianerzeugs zu kaufen, es wimmelte von Backpackern. NIcht das erste Mal, dass ich an Karo gedachte habe  :* Ich bin mir sicher - alles Sozialpädagogen :)) 







Zwei Dinge werden mir von diesem Ort in Erinnerung bleiben. Erstens das beste Hühnchen, das ich je gegessen habe und zweitens ein wirklich, wirklich schönes Lokal (mit einer unglaublich muffigen Bedienung, aber das mindert das nicht so wirklich) in dem es Kuchen gab (der auch nicht so gut geschmeckt hat). So liebevoll und schön eingerichtet.   



Zwischendrin bekamen wir einen Karnevalsumzug zu sehen. Hier im Norden ist der Karneval sehr wichtig, er wird viel länger gefeiert als sonst (überall waren die Umzüge auch schon vorbei), er ist sehr bunt und die Leute tragen typische Gewänder. Das war sehr nett zu sehen!







Die Höhenluft war für uns hier auf 2.940m wirklich spürbar. Selbst mir ging es nicht so richtig gut. Ein bisschen Schnappatmung und irgenwie so als würde man ein wenig neben sich stehen. Komisch, habe ich doch damit eigentlich gar keine Probleme. Jetzt war ich noch mehr verunsichert was den Pass angeht.  Egal, jetzt muss es weitergehen! Die letzten 75 km.

Ziemlich schnell mussten wir die gute Ruta verlassen und es ging auf eine Schotterpiste. Sehr cool! Hier fahren sogar Busse und gar nicht so wenig! Alles lief erstmal gut. Wir kamen in den ersten kleinen Ort und unseren ersten Fluss, ohne Brücke, ist klar. Aussteigen, begutachten und für mich war die Reise hier schon quasi zu Ende. Hey, wie machen das die Busse?? Ein Pärchen kam vorbei und versicherte, das sei kein Problem, hier kämen alle Autos durch. Wie zum Beweis kam ein Allradfahrezug und fuhr ohne zu zucken durch. O.k.,  es sah so aus, als seien Steine am Grund. Also rein und los. Der kleine "Classic" hat ein bisschen geächtzt, aber ist problemlos durch. Hey, DAS war cool! Bernd, das wäre Dein Traum mit dem X3 gewesen :) :*!




Weiter bergauf. Der Kreislauf ist nach dem Abenteuer gut in Schwung, José geht es gut und mir sowieso. Kaum waren wir in der freien und wieder grünen Landschaft fühlte ich mich sofort wohl.  Die Straße war zwar nur aus Schotter, aber so lange wir keinen Gegenverkehr hatten ganz wunderbar. Dann kam ein Bus. Ups, wohin mit uns? José fuhr ein Stück rückwärts und dann winkte der Fahrer schon ab, er würde vorbei kommen. Hey!, das war einer dieser Momente in denen ich mehr als froh war nicht auf die öffentliche Verkehrsmittel angewiesen zu sein!!




Kopfschüttelnd und weiterhin aufgeregt ging es weiter. Hoch und höher. Wie lang können 50km sein? Vor uns die Wolken, mal rechts mal links eine Schlucht. Wenig Schafe oder Ziegen. Dann links ein Häuschen und drei Kinder auf der Straße.. Sie hielten uns an und fragten nach Bonbons oder Keksen. Hier wird Wegezoll gezahlt :) Wie haben sie sich über ein paar Kekse und Ricola Bonbons gefreut. Das war echt süß. Wir bekamen auch gleich eine Bestellung für den Rückweg: "A la vuelta me traé un yogur!" Ein Joghurt wurde gewünscht.

Auf der Strecke waren immer wieder kleine Flussverläufe  und Pfützen zu überqueren. Eine war ein bisschen unangenehm. Der Wege vom Regen schlammig und rechts gings ordentlich runter. Schön vorsichtig und nicht wegrutschen. Aber das kleine Auto machte alles wunderbar.  Die Temperatur ging runter, inzwischen war sie nur noch einstellig und als wir endlich auf der höchste Stelle ankamen waren es gerade noch 8,0 Grad und es war schweinekalt als wir das Foto machten!!



21 km bis Iruya. José war fit, hin und wieder kurzatmig, aber alles wunderbar. Teilweise ging es jetzt ordentlich bergab, trotzdem zog sich die Strecke ganz schön in die Länge. Irgendwann kamen wir wieder an einen Fluss. Schluck, das sah gar nicht so passierbar aus. Hügelig, voller Steinen und mit ordentlich Wasser. Wie durch ein Wunder tauchte ein Straßengrader auf und ebenete uns sprichwörtlich den Weg. Sehr cool! 


Wir kamen gut durch, auch wenn es einmal kurz stockte. Jetzt waren wir fast da, was sollte schon noch passieren..... Denkste, kaum um die nächste Kurve hatten wir den Fluss wieder. Ich war wirkich gelassen, ich meine, irgendwann gewöhnt man sich ja auch dran. Außerdem, der Ort war schon zu sehen, JETZT konnte nichts mehr schief gehen. Kurz angehalten und den Weg des Überquerens ausgeguckt und los. Das Wasser hatte zwei Fahhrrinnen gebildet, und wir kamen gut durch die ersten, und dann... dann ging nichts mehr. Bis zum Boden im Schotter, das Wasser knapp unter der Türkante. Ein paar Versuche mit Vor- unr ZUrückfahren, aber es wurde schnell klar: nichts geht mehr.





Ein Motorradfahrer hatte vom anderen Ufer aus zugeschaut, bedauerte uns kurz, wir berieten uns, aber keine Idee. Ein Allrad-Pickup kam dazu, der Fahrer wollte gerne helfen, hatte aber kein Abschleppseil dabei. Der Motorradfahrer fuhr los, kam aber ohne Seil wieder. Was tun? José und die beiden Helfer knietief im reißenden Fluß, ich am Steuer, und los ging es. Und tatsächlich, nach ein paar Anläufen bekam das Auto festen Boden unter den Rädern, und ich war draußen! Wir bedankten uns herzlich bei den beiden und fuhren dann tatsächlich die letzten paar hundert Meter. Dann war es geschafft - Iruya!



Von Cafayate nach Jujuy

Frühstück in der Bar mit WiFi.  Zum ersten Mal habe ich frisch gepressten Organgensaft bestellt und ab sofort süchtig! WUNDERBAR!! Überhaupt ist das Frühstück in diesem Land nach meinem Geschmack. Überbackener Toast, kleine media lunas, Dulce de leche, Milchkaffee. Mhmmm.


Der Sonnenbrand war immer noch heftig und wir machten uns auf zur Apotheke, auf der anderen Seite des Platzes. Hach, da MUSSTE man an den Geschäften vorbei und was soll ich sagen, shopping war angesagt. Ich habe mir tatsächlich ein paar schwarze und sehr tolle Lederschuhe gekauft.  Die standen da direkt in meiner Größe, es war also Bestimmung und ich einfach machtlos. Außerdem ein "schönes" Hemd mit Indiandermusteraufdruck, das zweckmäßig den Sonnenbrand überdeckt. Aber ganz wichtig, einen Matebecher samt Thermoskanne. Wie gesagt, die Aklimatisierung beginnt ;)


Der Weg aus Cafayate heraus war wieder unglaublich! Die Landschaft wechselte innerhalb einer halben Stunde von grün mit Weinreben in rot, gelb, braun, grau und olivgrün. Wir waren in der Quebrada de Cafayate, einem Canyon, der sich über 90 km erstreckt und unglaubliche Felsformationen bildet. Die Straße verläuft neben einem sehr breiten Fluß, der hier wieder sehr viel Wasser führte. Da die Felsen aus weichem, porösen Sandstein bestehen, werden sie nach und nach ausgespült - und leider manchmal auch die Straße. Wir kamen an einen Abschnitt, wo die Straße vor einem Jahr vom Fluß mitgerissen wurden; hier gab es einen kleinen Rancho, eine primitive Behausung aus Lehmziegeln mit Blechdach, und eine Frau verkaufte selbstgebackene Brote, Wein und andere Kleinigkeiten. Wir holten da Wasser für unser Mate und ein leckeres Käsebrot, und während wir die Katastrophenstelle fotografierten, kamen wir mit zwei jungen Reisenden ins Gespräch, die in die Gegenrichtung fuhren. Sie warnten uns schon vor: wir sollten die Kamera parat halten, denn einige Kilometer vor uns gäbe es noch so eine Stelle, allerdings frisch von diesem Jahr!


In dem Lehmofen werden Brote und Teigtaschen gebacken

Man beachte die Markierung: ein paar weiße Steine...


Das Zeichen für kurvenreiche Strecke begleitete uns häufig


Wir hielten ein paarmal an, um die tolle Natur zu fotografieren, und irgendwann war es soweit: Stau! Der Verkehr wurde nur in einer Richtung durchgelassen, eine provisorische Umleitungsstraße war gebaut worden. Die normale Straße hörte im Fluß auf - es fehlten etwa 200 Meter!


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Die eigentliche Straße ging geradeaus







Die Straße führte uns weiter, immer höher bis zu einem Paß und dann wieder runter ins Tal. Hier regnete es wieder, und die Luft war feucht und schwül. Die Vegetation war wieder regenwaldähnlich, mit vielen Schlingpflanzen, stachligen Bäumen und Palmen. Dazwischen große Tabak- und Sonnenblumenfelder.  Der Weg führte uns in die Provinzhauptstadt Salta. Kurzer Kaffeestop und ein kleiner Bummel durch die Straßen. Ich liebe rebajas! Sommerschlußverkauf direkt vor unserem Sommer, besser geht ja wohl gar nicht  ;). Gut, dass die Zeit drängte und außer drei Tops nichts weiter in meiner Tasche landete.
Von hier aus sollte es jetzt weiter nach Jujuy gehen, der letzte Stop mit Übernachtung vor dem Ziel Iruya. Es gibt hier zwei Wege zu fahren. Einen längeren über eine größere Hauptstraße oder einen der über eine kleinere Straße führt, aber deutlich kürzer ist. Google sagte uns den kurzen Weg und auch auf der Karte sah er harmlos aus. Erst lief alles problemlos, dann ging es immer höher und es war klar, das ist ein Pass. Rechts und links richtiger Urwald mit Schlingplanzen und Dickicht. Es war irre schwül, die Fenster im Auto beschlugen trozt offener Fenster. Hier bekam José erstmals einige Probleme mit dem Kreislauf und wir haben die Seiten im Auto gewechselt. Ich bin gefahren! Und wie! Kurven die so eng waren wie die Auffahrt in das Parkhaus am Bahnhof in Hannover. Das alles bei Regen, später in der Wolke und zum Schluss sogar ohne Tageslicht. 

Das Beste, es hat sogar Spaß gemacht. Am Ende kamen wir in der Stadt an - Jujuy! Wenn ich dachte, das Fahren auf dem Pass sei aufregend gewesen, fahren in der Stadt ist schlimmer!!

In  kurze Erholung in einem Café. Dort haben wir wieder sehr nette Leute getroffen. Alle Argentinier, denen wir auf dem Weg begeneten sind,  sehr hilfsbreit und freundlich! Hier hat man uns ein Hotel empfohlen und dort wollten wir dann um ca. 23.00 Uhr auch schnellstmöglich hin. Blöd, ich musste wirklich, wirklich dringend pinkeln. Das Auto stand direkt vor dem Regierungsgebäude, überall war Polizei präsent. Mir egal, ich habe direkt mitten in der Stadt neben das Auto gepinkelt. Dass es einmal so weit mit mir kommen würde....
Das empfohlene Hotel haben wir nicht sofort gefunden und ich wollte einfach  nur noch ins Bett und so haben wir einfach eins genommen das auf dem Weg lag. Uuhh, was für eine Absteige. Aber was soll ich sagen, Südamerikafeeling... :)))